Reisevertragsrecht: Rechtsschutz und richtiges Verhalten bei Reisemängeln

Reisevertragsrecht: Rechtsschutz und richtiges Verhalten bei Reisemängeln
Reisevertragsrecht: Rechtsschutz und richtiges Verhalten bei Reisemängeln
 
Die Rechte von Touristen bei Pauschalreisen hat der Gesetzgeber mit dem Reisevertragsrecht vom 04. 05. 1979 im BGB geregelt. Es findet Anwendung auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden, sofern dem Reisenden die Reise als Gesamtpaket geschuldet wird. Beispiel: Die Pauschalreise.
 
Das Reisevertragsrecht findet entsprechend Anwendung, wenn ein Reisebüro als Veranstalter z. B. ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung zu Urlaubszwecken vermietet. Hier handelt es sich um eine Einzelleistung, auf die das Reisevertragsrecht aber entsprechend Anwendung findet.
 
Das Reisevertragsrecht ist nicht anwendbar, wenn das Reisebüro nur als Vermittler tätig wird, so z. B. beim Verkauf von Tickets.
 
 Welche Rechte hat der Reisende, wenn die Reise mangelhaft ist?
 
Grundsätzlich ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und frei von Mängeln ist. Nicht jede Beeinträchtigung bedeutet einen Mangel. Typische Mängel sind: Lärm und Baustelle in der Nähe des Hotels, Kakerlaken in der Ferienwohnung, Überbuchung. Kein Mangel hingegen sind z. B. Stechmücken am Strand in einem tropischen Land. Erkennt der Reisende einen Mangel, so hat er das Recht, bei der örtlichen Reiseleitung Abhilfe zu verlangen. Im Einzelnen regelt dies die Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern vom 14. 11. 1994 (BGBL I 3436). Der Reiseveranstalter muss Gelegenheit haben, nachzubessern. Der Reisende hat dafür eine angemessene Frist zu setzen. Die Angemessenheit der Frist bestimmt sich nach der Schwere des Mangels. Verstreicht die Frist ergebnislos, kann der Reisende selbst Abhilfe schaffen und hat einen Anspruch auf Ersatz seiner erforderlichen Aufwendungen.
 
 Muss der Reisende dem Reiseveranstalter immer Gelegenheit zur Abhilfe geben?
 
Grundsätzlich haftet der Reiseveranstalter für Mängel nur, wenn der Reisende den Mangel zuvor angezeigt hat. Allerdings bedarf es keiner Frist, wenn der Reiseveranstalter sich ohnehin weigert, für Abhilfe zu sorgen. Auch dann, wenn sofortige Abhilfe geboten ist, ist die Fristsetzung entbehrlich. Beispiel: Es fehlt das Gepäck des Reisenden und die Abhilfe des Veranstalters käme ohnehin zu spät.
 
 Welche Rechte hat der Reisende, wenn dem Mangel nicht abgeholfen wird?
 
Ist die Reise mangelhaft, so mindert sich für die Dauer des Mangels der Reisepreis. Wird die Reise erheblich beeinträchtigt, kann der Reisende den Vertrag sogar kündigen. Neben Minderung und Kündigung steht dem Reisenden ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu. Voraussetzung ist, den Veranstalter trifft ein Verschulden am Mangel.
 
 Unter welchen Voraussetzungen gilt die Reise als »erheblich beeinträchtigt«?
 
Eine erhebliche Beeinträchtigung ist dann gegeben, wenn der Gesamtwert der Reise betroffen ist und eine zeitanteilige Minderung von wenigstens 50% gerechtfertigt wäre. Vereinzelt hat die Rechtsprechung es genügen lassen, wenn 20% der Reise — bezogen auf den Mängelgrad — beeinträchtigt waren. Das Landgericht Frankfurt hat eine Tabelle zur angemessenen Reisepreisminderung entwickelt. Den Gerichten gilt sie als Anhaltspunkt. Ist die Reise erheblich beeinträchtigt, sodass die Reise insgesamt als verdorben anzusehen ist, kann der Reisende nach erfolglos gesetzter Frist zur Abhilfe die Reise abbrechen. Er hat gegen den Reiseveranstalter zusätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz. Der Reisende kann verlangen, kostenlos zurückbefördert zu werden. Er kann die Rückzahlung des Reisepreises verlangen. Allerdings muss er sich den Wert der Leistungen anrechnen lassen, die er bis zur Kündigung in Anspruch genommen hat. Zusätzlich hat der Reisende einen Anspruch auf Entschädigung für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit. Diesen immateriellen Schaden können auch Reisende geltend machen, die keine Erwerbstätigkeit ausüben. Beispiel: Hausfrau. Die Höhe dieses Schadens wird vom Gericht geschätzt. Über die Bezifferung entscheiden die Umstände des Einzelfalls, wie z. B. Höhe des Reisepreises, Schwere des Reisemangels, Einkommensverhältnisse des Reisenden.
 
 Was schuldet der Reisende, wenn er die Reise erst gar nicht antritt?
 
Grundsätzlich ist der Reisende berechtigt, vor Reisebeginn ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurückzutreten. Der Reiseveranstalter hat keinen Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Er kann jedoch eine angemessene Entschädigung fordern. Hierfür kann im Vertrag eine Pauschale vereinbart werden. (Stornokosten). Der Reisende kann verlangen, dass an seiner statt eine andere Person die Reise unternimmt. Dieser Teilnahme kann der Veranstalter nur widersprechen, wenn die begründete Annahme besteht, dass die Ersatzperson den Reiseanforderungen nicht genügt. Beispiel: Eine gebrechliche Person wird als Ersatzteilnehmer für eine Treckingtour angeboten. In folgenden Fällen ist der Reisende zum Rücktritt vor Antritt der Reise berechtigt, ohne eine Stornogebühr zu bezahlen: Schon vor Antritt der Reise werden erhebliche Mängel bekannt; der Reiseveranstalter ändert die Reiseleistung in wesentlichen Teilen.
 
 Welche Ansprüche bestehen, wenn die Reise durch höhere Gewalt beeinträchtigt wird?
 
Höhere Gewalt sind Ereignisse, die der Reiseveranstalter nicht verursacht hat, die ihm auch nicht vorhersehbar waren, so z. B.: plötzliche Kriegswirren im Land des Reiseziels, Naturkatastrophen, Epidemien, aber auch Streik des Flughafenpersonals. Wird die Reise durch höhere Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Vertrag kündigen. Voraussetzung ist, dass die Erschwernis durch höhere Gewalt bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar war. Einen Schadensersatzanspruch hat der Reisende in diesem Fall nicht. Er kann allenfalls gegen den Reiseveranstalter einen Rückforderungsanspruch in Höhe des Reisepreises geltend machen unter Anrechnung dessen, was der Reiseveranstalter an Leistung bereits erbracht hat. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, den Reisenden zurückzubefördern. Die Mehrkosten des Rücktransports haben Reisender und Reiseveranstalter je zur Hälfte zu tragen. Die übrigen Mehrkosten trägt der Reisende allein.
 
 Kann der Reiseveranstalter seine Haftung beschränken?
 
Der Reiseveranstalter kann durch eine Vereinbarung seine Haftung für Sachschäden auf den dreifachen Reisepreis beschränken. Dies gilt allerdings nur, wenn der Reiseveranstalter selbst nicht grob fahrlässig gehandelt hat. Die Haftungsbeschränkung ist auch möglich für Schäden, für die der Reiseveranstalter zwar zu haften hat, die aber ausschließlich durch Verschulden eines Dritten — z. B. des Hotels — verursacht wurden. Eine Haftungsbeschränkung für Körperschäden ist nicht möglich.
 
 Welche Fristen hat der Reisende bei der Geltendmachung seiner Ansprüche zu beachten?
 
Wie oben erwähnt, hat der Reisende einen Mangel unverzüglich anzuzeigen, um dem Veranstalter Gelegenheit zur Abhilfe zu geben. Darüber hinaus muss der Reisende seine Ansprüche innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen. Er muss die konkreten Mängel rügen. Dafür kann er ein Mängelprotokoll dem Reiseveranstalter zukommen lassen. Er muss seine Ansprüche nicht abschließend beziffern, er muss sie aber innerhalb dieser Monatsfrist gegenüber dem Reiseveranstalter eindeutig geltend machen. Für den Zugang der Erklärung hat der Reisende die Beweislast. Versäumt er die einmonatige Frist, verliert er seine Ansprüche. Die Mängelrüge am Urlaubsort ersetzt nicht die fristgerechte Geltendmachung von Ansprüchen! Konnte der Reisende ohne sein Verschulden die Gewährleistungsansprüche nicht rechtzeitig geltend machen, so kann er dies nachholen, auch wenn die einmonatige Frist bereits abgelaufen ist. Allerdings muss er dies unverzüglich tun, sobald der Hinderungsgrund weggefallen ist. Ansonsten verliert er seine Gewährleistungsansprüche endgültig. Die Ansprüche des Reisenden verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt an dem Tag, an dem die Reise nach dem Vertrag enden sollte. Hat der Reisende fristgerecht seine Ansprüche angemeldet, wird die Verjährungsfrist bis zu dem Tag gehemmt, an dem der Reiseveranstalter die Ansprüche schriftlich zurückweist. Will der Reisende die Verjährungsfrist unterbrechen, empfiehlt sich Klage zu erheben oder Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zu stellen.
 
 Welche Rechte hat der Reisende im Falle des Konkurses des Reiseveranstalters?
 
Der Reiseveranstalter muss den Reisenden vor Insolvenz schützen. Zu diesem Zweck kann er entweder eine Versicherung abschließen oder eine Bankgarantie beibringen. Dem Reisenden muss ein Direktanspruch gegen den Versicherer bzw. das Kreditinstitut verschafft werden. Der Reisende hat einen Anspruch darauf, dass ihm der Veranstalter eine entsprechende Bestätigung übergibt (Sicherungsschein). Zahlungen auf den Reisepreis vor Ende der Reise darf der Reiseveranstalter nur fordern oder annehmen, wenn er zuvor dem Reisenden den Sicherungsschein übergeben hat. Geschützt wird der Reisende gegen Schäden im Falle der Insolvenz des Reiseveranstalters, wie z. B. anderweitige Unterbringungskosten, notwendige Aufwendungen für die Rückreise. Für Reiseveranstalter, die gelegentlich und außerhalb der gewerblichen Tätigkeit Reisen veranstalten, für Kurzreisen, die nicht länger als 24 Stunden ohne Übernachtung dauern, oder Reisen, für die der Reisepreis 150,— DM nicht übersteigt, gelten die Schutzbestimmungen vor Insolvenz nicht. Ebenso gelten sie nicht, wenn der Reiseveranstalter eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Beispiel: kommunale Volkshochschule.
 
 
Jack Bechhofer: Reisevertragsrecht. §§ 651a bis 651 l Bürgerliches Gesetzbuch, Informationsverordnung, prozessuale Hinweise, Reisebürovertrag. München 1995
 
Reisevertragsrecht. Kommentar zu den §§ 651a bis 651 l BGB, begründet von Helmuth Bidinger. Fortgeführt vonRita Bidinger und Ralph Müller. Berlin 21995
 Günter Mersson: Beck-Ratgeber Reiserecht. Reisevertrag, Checklisten, Mängel. München 1998; mit Diskette
 Mark Niehuus: Reisen u. Recht. Ihre 240 wichtigsten Fragen an den Anwalt. Bonn 2000

Universal-Lexikon. 2012.

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